DER BORNGRABEN UND DIE CHOLERA-EPIDEMIE IN BARTH 1850

 

Dieses Gebäude mit seiner schönen Fassade steht in der Hunnenstraße und hat die Hausnummer 11 (bis 1909 Hausnummer 500)
 

Das Barther Adressbuch des Jahres 1905 weist Sophie Sarnow als Hausbesitzerin aus. Sie war die Witwe des Kaufmannes Wilhelm Sarnow. Welcher Art Kaufmann er war, konnte ich nicht erfahren. Doch Sarnow musste über einigen Besitz verfügt haben, denn er galt in der Stadt als angesehene Perönlichkeit, so dass er am 16. Juli 1875 als Barther Repräsentant in das Bürgerschaftliche Kollegium eingeführt wurde. Im Jahre 1891 erhielt er per Wahl die Berufung zum Ratsherrn. Doch schon im darauf folgenden Jahr verstarb er am 16. Mai. Dem Namen Sarnow begegnet man aber auch in einer Mitteilung vom 29. September 1885, als ein Dr. med Melchert aus Malchow den Geheimrat Robert Koch über die Ausführungen eines Chemikers namens Dr. Sarnow informierte. In den erwähnten Ausführungen schrieb Dr. Sarnow „über eine interessante Choleraepidemie in seiner Vaterstadt Barth im Jahre 1850“. Ob es sich bei dem Chemiker Dr. Sarnow um jenen Barther Ratsherrn handelte? Bei Recherchen findet sich nur die Bezeichnung „Kaufmann Sarnow“, ohne Doktortitel, so dass es wahrscheinlicher ist, dass er der Bruder jenes Dr. Sarnow war. Denn Dr. Melchert aus Malchow schreibt zum Schluss seiner Information an den Geheimrat Robert Koch: „Ich habe durch den Bruder des Herrn Dr. Sarnow, der in Barth wohnt und durch einen dortigen Collegen genauere Nachrichten eingezogen und stelle Ihnen dieselben, falls der Fall Ihr Interesse erregt, gern sofort zur Verfügung.“ Der erwähnte Bruder dürfte zweifelsohne der Kaufmann und Ratsherr Wilhelm Sarnow gewesen sein. Mit dem Barther „Collegen“ des Dr. Melchert, von dem er „genauere Nachrichten“ bekam, war Dr. Theodor Zaeske gemeint, der spätere Geheime Sanitätsrat.


Die beiden Chronisten Friedrich Oom und Wihelm Bülow berichten im Zusammenhang mit der Quelle am Sundischen Berg von einem Borngraben, aber nicht über dessen genauen Verlauf. Eine Karte (Bild 1), die der Barther Arzt Theodor Zaeske 1885 überliefert hat, scheint mir aber nicht korrekt zu sein. Denn nach dieser Darstellung soll die Quelle im Jahr 1850 ganz woanders gewesen sein als heute. Ein Messtischblatt (Bild 2) aus dem Besitz von André Elgeti macht da wohl exaktere Angaben.



Bild 1




Bild 2


Theodor Zaeske
Den Protokollen der II. Konferenz zur Erörterung der Cholerafrage, die vom 2. Mai bis 4. Mai 1885 (in Berlin?) stattfand, verdanken wir eine sehr ausführliche Beschreibung der Versorgung der Stadt Barth mit Trinkwasser aus der Alkunquelle vor dem Jahr 1850 sowie den damit im Zusammenhang aufgetretenen hygienischen Mängeln. In den erwähnten Prokollen ist ein Vortrag des Barther Arztes Dr. Theodor Zaeske (1907 Geheimer Sanitätsrat) festgehalten. Darin beschreibt er die Situation in seiner Heimatstadt während der Cholera-Epidemie im Jahre 1850 und machte Ausführungen zu der damals noch umstrittenen Ursache für diese Krankheit, nämlich verunreinigtes Trinkwasser. Das Barther Trinkwasser entsprang der Quelle am Sundischen Berg, das an und für sich schon immer für seine hervorragende Güte bekannt ist. Doch auf dem Weg von der Quelle bis an das Lange Tor am Stadtrand erfuhr es, zumindest bis 1851, in einem offenen Graben, Borngraben genannt, schlimme Verschmutzungen.
Seinen 1885 auf der Konferenz vorgetragenen Beobachtungen und Rückschlüssen dazu ist eine Karte beigefügt. Die Karte zeigt den früheren Verlauf des Borngrabens vom Quellort bis in die einzelnen Brunnen im Stadtgebiet. Wer die Karte angefertigt hatte ist unbekannt, doch scheint es ziemlich sicher zu sein, dass Dr. Zaeske den Grabenverlauf von der Quelle bis zum Langen Tor eigenhädig eingezeichnet hat. Und die Richtigkeit dieses Eintrages mit dem Verlauf darf angezweifelt werden. Denn nach dieser Grafik hätte sich die Quelle, stadteinwärts gesehen, auf der rechten Seite der Landstraße befinden müssen, Dass der Quellaustritt bis mindestens 1960 noch nicht dort war, wo er sich heute befindet, haben ältere Barther bestätigt. Demzufolge trat die von einem massiv gemauerten Brunnenhaus überdachte Quelle weiter hangaufwärts aus dem Sundischen Berg und floss von dort auf der linken Seite der Landstraße hinab in Richtung Stadt.


Die Cholera in Barth Anno 1850
Die Barther Einwohner erhielten früher ihr Trinkwasser aus jener Quelle, die auch heute noch am Sundischen Berg sprudelt. Von dort wurde das Wasser in einer Leitung in die Stadt befördert. Der folgende Beitrag bezieht sich auf das Jahr 1850, als die Cholera-Epidemie in Barth zahlreiche Menschenleben forderte.

Die erste Strecke der erwähnten Wasserleitung war ein offener Graben, genannt der Borngraben. Dieser verlief, von der Quelle kommend, um den Kirchhof herum und endete in einem Sumpf genannten Bassin. Hier sammelte sich das Wasser zur Klärung an und lief dann in einem verdeckten Strang bis unter das Lange Tor, wo es in ein ebenfalls verdecktes Bassin floss. Aus diesem gingen drei Hauptarme ab: Einer in die Badstüberstraße, welche die Hunnenstraße, den größten Teil des Marktes, die Kloster- und Fischerstraße versorgte. Der zweite Arm versorgte nur die Lange Straße und endete blind an der Ecke Lange Straße/Markt. Der dritte Arm versorgte diw Baustraße, einen Teil der Pohlstraße und die Dammstraße. Die Leitungen speisten eine Reihe von Brunnen, aus welchen sich die Anwohner ihr Trink- und Brauchwasser holten.

Bemerkenswert ist die damalige Bauart dieser Brunnen. Es wurde nämlich einfach ein Loch in die Erde gegraben, unten auf dem Grund ein viereckiger hölzerner Boden eingelegt, der an jeder Ecke ein Loch hatte, so dass vier Pfosten hineingesteckt werden konnten. Außen wurden auf die Pfosten Bretter lose angelegt, die dann durch die dagegengeschüttete Erde gehalten wurden. Das Ganze verschloss man mit einem hölzernen Deckel, überschüttete es mit Erde, und fertig war der Brunnen.

Von Bedeutung war auch die Reinigung des Borngrabens, welche alle Jahre einmal vorgenommen wurde. Nach dem Verlassen des Sumpfes gelangte das Wasser in eine verdeckte Leitung, um zu den Brunnen in den Straßen zu gelangen. Dafür musste der Reinigung wegen am Sumpf die Leitung unterbrochen werden, so dass die Stadt von der Zufuhr abgeschnitten war. Dann gingen die Arbeiter mit Hacken und Spaten über den Graben und Sumpf her und holten alles heraus, was an Schmutz drin war. Nachdem dies geschehen war, ließ man einige Stunden das Wasser sich wieder beruhigen. Der Verschluss wurde herausgenommen und die Stadt, die bis dahin leergelaufen war, mit neuem Wasser versorgt. Das Wasser dürfte nun aber erst einmal sicher nicht den Anforderungen eines guten Trinkwassers entsprochen haben. Trotz des verunreinigten Wassers war in Barth bis zum September des Jahres 1850 noch niemals ein Cholerafall vorgekommen.

Da erkrankte am 22. September 1850 in der Pohlstraße eine alte Frau mit den Symptomen der Cholera. Nachbarn behaupteten, sie habe sich diese Krankheit in Franzburg geholt, wo sie sich einige Tage zuvor besuchsweise aufgehalten hatte, um ihren im dortigen Gefängnis sitzenden Sohn zu sehen. Sie starb noch am gleichen Tag. Am 24. September starb ihr Enkelkind, am 25. der Vater des Knaben, der Schwiegersohn der alten Frau, bei dem sie wohnte und am 28. ein zweites Enkelkind. Alle an der Cholera. Der Choleraherd in der Pohlstraße war damit erloschen. Ein weiterer Fall von Cholera trat hier nicht wieder auf.

Doch die Krankheit blieb in der Familie, die in der Badstüberstraße wohnte, bestehen. Am 2. Oktober erkrankte die Schwiegertochter, die am nächsten Tag im Krankenhaus starb. Ihr Mann erkrankte wenige Tage ebenfalls, genas jedoch im Krankenhaus. Im Haus gegenüber starb am 15. Oktober ein Schuhmacher und am 15. Oktober ein weiterer Mann.

Danach war bis zum 21. Oktober kein weiterer Cholerafall zu verzeichnen, und die Einwohner der Stadt beruhigten sich in der Hoffnung, die Seuche sei überstanden. In dieser Zeit erfolgte vom 19. bis 21. Oktober eine der oben erwähnten Generalreinigungen des Borngrabens und des Sumpfes.

Da brach in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober die Cholera erneut aus. Und dieses Mal mit einer bis dahin nicht gekannten Intensität zugleich an den verschiedensten Stellen desjenigen Stadtteils aus, welcher von dem Arm der Wasserleitung der Badstüberstraße mit Wasser versorgt wurde, also in der Badstüberstraße, Hunnenstraße, Wieckstraße, Markt, Klosterstraße, Fischerstraße, ein Teil der Gartenstraße und im Adligen Fräuleinstift. Die Heftigkeit der Krankheit war derart intensiv, dass Krankwerden und Sterben im wahrsten Sinne des Wortes dasselbe bedeutete. Es starben allein an einem einzigen Tag, am 22. Oktober, 54 Menschen. In den folgenden drei Tagen, bis zum 25. Oktober rund 60 Menschen, vom 26. bis 30. Oktober noch 34, und vom 1. bis 9. November weitere 13 an Cholera Erkrankte. Das heißt, in nur 18 Tagen fielen nahezu 170 Einwohner der Krankheite zum Opfer.

Die Epidemie hatte nun aber ein Ende genommen.
Friedrich Oom
Bei Oom liest man in seiner 1851 veröffentlichten „Chronik der Stadt Barth“ auf den Seiten 19 und 20 zur Quelle Folgendes: „1306 kaufte die Stadt den Rittersitz Alkun mit allen Zubeböhrungen vom Fürsten Witzlaff. Früher gehörte er der Familie von Alkun, wie wir sie aus zwei Urkunden kennen. Nämlich einen Friedrich von Alkun, aus der die die vom Borngraben handelt, und einem Unko (Vicko?) von Alkun aus der Urkunde wegen der Kornabgabe, welche die Stadt sich weigerte ihm zu zahlen. Wahrscheinlich hatten die von Alkun ihren Hof vom Fürsten zu Lehn. Nach dem Aussterben nahm der Fürst den Hof wieder an sich und verkaufte ihn nun an die Stadt.

Am gutem Trinkwasser fehlte es in der Stadt; indessen wurde diesem Mangel schon von den ersten Einwohnern begegnet. Auf dem Rittersitze Alkun entsprang ein Bach, welcher eine dem Ritter Friedrich von Alkun gehörige Wassermühle trieb, und danächst quer über stralsundische Landstraße floß; wahrscheinlich aber sich in den Bach Trebin oder in das Binnenwasser […] sich ergoß, ohne die damaligen barthischen Besitzungen zu berühren. Der Fürst Witzlaff erlaubte allen Einwohnern der Stadt [...] diesen Bach, sobald er die Landstraße verlassen, nach ihrem Gebiet abzuleiten, wohin sie wollten und zu ihrem Vortheil zu benutzen, so gut sie könnten. [...] Man erkennt leicht, daß hier von dem Borngraben die Rede ist, welcher noch heute die Brunnen in der Stadt mit Trinkwasser versorgt. Dieser Borngraben ist jetzt also 558 Jahre alt. Es scheint zwar als wenn das Wasser auf näherem Wege hergeleitet werden könneund ohne große Kosten, allein ein Nivellement hat dargethan, daß man jetzt noch keine bessere und wohlfeilere Richtung, als die Alten gewählt, anzugehen weiß. Indessen ist die Wasserleitung noch mancher Verbesserungen fähig und bedürftig, die zwar schon vorbereitet sind, jedoch jetzt bessern Zeiten vorbehalten werden müssen.“
Wilhelm Bülow
Auf den Seiten 511 bis 513 macht auch Bülow in seiner „Chronik der Stadt Barth“ aus dem Jahr 1922 Ausführungen zur Quelle und zum Borngraben, sowie zur Erneuerung der Wasserleitung bis in die Stadt.
Das um 1960 herum gesprengte Brunnenhaus bei der Alkun-Quelle am Sundischen Berg stammte aus dem Jahr 1900. Damals erfolgte in Barth der Umbau der Wasserleitung. Das Trinkwasser der Stadt floss ihr seit 1253 aus der dieser Quelle auf Alkun zu. Fürst Fürst Witzlaf II. von Rügen verlieh der Stadt durch Urkunde von 1293 das Nutzungsrecht an der Quelle. Das Wasser floss zunächst in einem offenen Graben in ein an der Sundischen Straße befindliches Becken, Sumpf genannt. Der Sumpf wurde 1867 von Grund auf neu gemacht. Von hier leitete man das Wasser weiter bis in die Stadt. Die Länge dieser Leitung betrug etwas mehr als 509 Ruten (ca. 2230 Meter). Im Jahr 1851 wurde sie mit einem Kostenaufwand von 2000 Talern (kann man mit 9.000 Euro vergleichen) in eine hölzerne Röhrenleitung umgewandelt, welche 483,5 Ruten lang war (2122 Meter).

Zum Schutz des Wassers vor Verschmutzungen erhielt die Quelle jetzt einen hölzernen Überbau. Das war der Vorläufer des oben beschriebenen Brunnenhauses.
Der über der Quelle befindliche Bretterschuppen wurde 1900 schließlich durch das massives Brunnenhaus ersetzt, die Quelle wurde eingefasst, ein massives Wasserbecken wurde gebaut. Die hölzernen Leitungsröhren und Pumpen auf den Straßen wurden beseitigt. Fortan lief das Wasser in gusseisernen Röhren und wurde mittels gusseierner Pumpen oder Druckständer der Leitung entnommen. Am 22. Mai 1901 konnte die Wasserleitung abgenommen und voll in Betrieb genommen werden.

Durch die Leitung wurden bis 1867 in der Stadt und den Vorstädten verdeckte Brunnen und Wasserbehälter gespeist. Aus diesen entnahmen Pumpbrunnen, die sich auf den Straßen und Plätzen befanden, ihr Wasser. Die Unterhaltung der hölzernen Pumpen oblag den einzelnen Genossenschaften der Hausbesitzer. Aber man sann auf Verbesserungen, um die Brunnen vor Verunreinigung durch Wasser aus den Gossen und von der Straße zu bewahren und für den Feuerlöschdienst geeignetere Einrichtungen zu erlangen. Ende der 1880er Jahre wurden auch diese hölzernen Röhren der Wasserleitung streckenweise durch gusseiserne ersetzt.

Inzwischen ist die Ausdehnung der Stadt nach allen Seiten gewachsen, und für die neu gebauten Häuser wurde auch die erbetene Wasserleitung gewährt, indem die Hausbesitzer einen Teil der Kosten beitrugen. So erhielt der Reifergang sein Wasser, auch der Trebin bis zur Zuckerfabrik, die Chaussee- und die Dammtor-Vorstadt, der Eichgraben und die Gebäude am Hafen. Durch die bedeutende Verlängerung der Leitungsröhren, besonders aber auch durch den erheblich vermehrten Wasserverbrauch in den Fabriken kam es, dass zeitweise großer Wassermangel in Barth herrschte.
Die Wasserleitung wird erneuert.
Es war wohl der Erkenntnis geschuldet, dass die Ursache für die Cholera-Epidemie von 1850 im verunreinigten Trinkwasser zu suchen sei und etwas dagegen unternommen werden musste. So nahm die Stadt um 1900 ein großes Projekt in Angriff. Es handelte sich um den Umbau der hölzernen Wasserleitung. Das Wasser floss bis 1851 in einem offenen Graben, den Borngraben, von der Alkunquelle bis zum "Sumpf" beim Langen Tor in die Stadt. Die Länge der Leitung betrug 509,4 Ruten (ca. 2236 Meter). Im Jahr 1851 wurde sie mit einem Kostenaufwand von 2000 Talern (vergleichbar mit 9000 Euro) in eine hölzerne Röhrenleitung umgewandelt, welche nur 483,5 Ruten lang war (2122 Meter). Danach wurde dann noch ein Bretterschuppen über der Quelle erbaut, um sie vor Verunreinigung zu schützen. Durch die Leitung wurden in der Stadt und in den Vorstädten 44 verdeckte Brunnen und 6 Wasserbehälter gespeist. Aus diesen entnahmen 77 Pumpbrunnen, von denen sich 51 auf den Straßen und Plätzenbefanden, ihr Wasser.

Die Unterhaltung der hölzernen Pumpen in den einzelnen Genossenschaften der Hausbesitzer ob. So war es 1867. Aber schon sann man auf Verbesserungen, die Brunnen vor Verunreinigung durch Wasser aus den Gossen und von der Straße zu bewahren und für den Feuerlöschdienst geeignetere Einrichtungen zu erlangen. Ende ser 1880er Jahre wurden die hölzernen Röhren streckenweise durch gusseiserne ersetzt.

Inzwischen wuchs die Ausdehnung der Stadt nach allen Seiten, und für die neu gebauten Häuser wurde auch die erbetene Wasserleitung gewährt, indem die Hausbesitzer einen Teil der Kosten betrugen. So erhielt der Reifergang sein Wasser, auch der Trebin bis zur Zuckerfabrik, die Chaussee und die Dammtor-Vorstadt, der Eichgraben und die Gebäude am Hafen. Durch die bedeutende Verlängerung der Leitungsröhren, besonders aber auch durch den erheblich vermehrten Wasserverbrauch in den Fabriken kam es, dass zeitweise großer Wassermangel in  Barth herrschte.

Um hiergegen Abhilfe zu schaffen, beschlossen die Stadtväter den Umbau der Wasserleitung. Diese wurde um 1900 den Anforderungen entsprechend eingerichtet. Der über der Quel
le befindliche Bretterschuppen wurde durch ein massives Brunnenhaus ersetzt, die Quelle wurde eingefasst, ein massives Wasserbecken wurde gebaut. Die hölzernen Leitungsröhren und Pumpen auf den Straßen wurden beseitigt. In gusseisernen Röhren lief fortan das Wasser und wurde mittels gusseierner Pumpen oder Druckständer der Leitung entnommen. Um im Winter das Einfrieren zu verhüten, umkleidete man sie alsdann mit hölzernen Einhüllungen, die mit Stroh gefüllt wurden. Die Kosten des Umbaues, den die Firma Schmick aus Frankfurt am Main ausführte, beliefen sich auf 140.000 Mark und wurden durch Aufnahme êiner Anleihe gedeckt. Die Aufbringung der Zinsen, der Amortisationsbeträge und der Unterhaltungskosten erfolgte durch eine den Hausbesitzern auferlegte Wassersteuer. Am 22. Mai 1901 konnte die Wasserleitung abgenommen und voll in Betrieb genommen werden (in Anlehnung an Wilhelm Bülow´s Chronik der Stadt Barth).

Das neu-kulmische Maß

1) Längenmaße

Linie


2,032 mm
Zoll = 12 Linien 24,380 mm
Fuß = 12 Zoll 29,261 cm
Elle = 2 Fuß 58,524 cm
Rute = 15 Fuß 4,3892 m
Meile = 1800 Ruten 7900,500 m
2) Hohlmaß (Getreidemaß)
Scheffel 2640 Pariser Kubikzoll 52,400 Liter
3) Hohlmaß (Flüssigkeitsmaß)
Stof 72 Pariser Kubikzoll 1,428 Liter
4) Flächenmaße
Morgen = 300 Quadratruten 5779,630 Quadratmeter
Hufe = 30 Morgen 173388,940 Quadratmeter

Die Quelle heute
Es bedarf zwar einigen Suchens um den unscheinbaren Feldweg zu finden, der zur Quelle führt.
Von der Sundischen Straße zweigt kurz hinter dem Barther Ortsausgangsschild unweit der "Bachmann-Siedlung" nach rechts bei einem einzeln stehenden Haus besagter Feldweg ab. Man kann ihn leicht übersehen. Mehr als zwei PKW können am Beginn des Weges nicht abgestellt werden. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreicht man von hier nach etwa zweihundert Metern das Ziel. Dort, am Ende des Weges, steht dann eine Tafel, auf der die Sage vom Ritter Alkun und der nach ihm benannten Quelle zu lesen ist. Eine Sage ist wohl nicht der richtige Ausdruck, denn diesen Ritter gab es ja tatsächlich, und die Quelle sprudelte und plätscherte schon vor Hunderten von Jahren aus dem Boden des Sundischen Berges und tut es bis heute noch immer.
Wer auf dem Weg zur Quelle die Landschaft mit offenem Blick betrachtet, bemerkt oben auf dem Sundischen Berg ein aus dieser Entfernung nicht sofort deutbares Gebilde. Was mag das wohl sein, fragt sich der Wanderer? Er muss sich schon die kleine Mühe machen, dort den Abhang rauf zu stapfen. Oben angekommen, sieht er dann ein dickes Stahlrohr mit einer faustgroßen Öffnung im Deckel. Ein größerer Stein deckt das Loch ab. Nimmt er diesen Stein zur Hand und klopft damit gegen das Metall, kommt aus ziemlicher Tiefe ein dumpfes Echo. Steht das Rohr mit der am Fuße des Abhanges austretenden Quelle in einem Zusammenhang? Möglich wäre es ja wohl. Unten am Hang lassen deutlich erkennbare Spuren darauf schließen, dass hier vor noch nicht allzu langer Zeit ein Bagger am Werke gewesen sein muss. Die Buddelspuren führen in die Richtung zum Quellwasseraustritt. Wenige Meter oberhalb des Austritts ist eine große, wasserdurchtränkte Fläche zu sehen, die auch auf kürzlich getätigte Erdarbeiten schließen lassen. Auf dieser Fläche liegen Bruchstücke von Ziegelsteinen im aufgeweichten Boden. Hier, an dieser Stelle, könnte sich einst das Brunnenhaus befunden haben.
Ein älterer Barther war zu erfahren:4„Als ich noch klein und in Kenz zu Hause war, fuhren wir, meine Mutter und ich, regelmäßig mit der Bahn nach Barth rein. Das war Anfang der 1950er Jahre. Aus dem Abteilfenster rechter Hand guckend fiel mir immer wieder ein eigenartig anmutendes Bauwerk auf. Mitten auf dem Acker schien ein Torbogen, gemauert aus roten Ziegelsteinen, in den aufsteigenden Hang des Sundischen Berges hineinzuführen. Die Bahn fährt dort zwar in nicht allzu großer Entfernung daran vorbei, aber um was es sich dabei handeln könnte, das vermochte ich lange Zeit nicht auszumachen. Viel zu erkennen konnte man ohnehin nicht. Da war eben nur ein aus roten Ziegelsteinen gemauerter, halbrunder Torbogen, zu sehen, mit einem Eingang, umgeben von Sträuchern. Oben drauf und an den Seiten standen ein paar kleinere Bäume und Sträucher. Ein geheimnisvoller Gang in den Berg hinein? Als Bube von zehn Jahren dachte ich da gleich an die Geschichten, die Oma zu Weihnachten aus ihren alten Märchenbüchern vorzulesen pflegte. Mir kam dann bei den Bahnfahrten den Kenzer Berg runter unwillkürlich wieder das Märchen von Ali Baba und den vierzig Räuber ein, mit dem Zauberwort "Sesam öffne dich"! Eines Tages bin ich mit zwei etwas älteren anderen Kenzer Jungen nach Rubitz und von dort weiter über die Felder zur Quelle hingestromert. Meine Mutter durfte davon aber nichts erfahren, sie hatte mir das Strolchen in der weiteren Umgebung verboten. Wie viele andere Leute in jenen Jahren auch, trieb sie die völlig abwegige Angst um, die Russen könnten uns wegfangen."Und so ganz beiläufig erwähnte er, noch ein Foto („aber nur ein ganz kleines in schwarz-weiß“) von dem damaligen Brunnenhaus zu haben. Auf dem ziemlich unscharfen Bild von 1954 ist er als kleiner Blondschopf zu sehen. Das Foto zeigt einen Teil des inzwischen schon lange nicht mehr vorhandenen Bauwerks. Zu sehen ist die Vorderseite mit dem Eingangsbereich in den Backsteinbau.
Dieses Anfang 1960er Jahren abgebrochene Haus stand damals etwa dreißig Meter weiter östlich vom jetzigen Quellauslauf und auch weiter oben auf dem Hang. Es war massiv gemauert, ca. sechs Meter breit und etwa drei Meter hoch. Durch einen Bogengang, wie auf dem Foto erkennbar, gelangte man in das Innere. Darin befanden sich drei große aus Beton bestehende Wasserbassins, in den Maßen von etwa jeweils zwei bis drei Metern. Über die Bassins verlief ein Stahlträger hinweg, für dessen Bedeutung er jedoch keine Erklärung hatte. Aus drei Betonrohren gelangte aus dem Berghang das Wasser in die Bassins. Sie hatten einen solchen Durchmesser, dass die Kinder dort hätten hineinkriechen können, was sie allerdings glücklicherweise nie riskiert haben.

Zum Brunnenhaus trotteten nicht nur die Kühe von den Wiesen um hier zu trinken, auch Rehe waren dort heimisch. Selbst Ricken brachten im Schutze des Brunnenhauses ihre Kitze zur Welt, denn einen Jäger soll es in der Gegend nicht gegeben haben. Da die Quelle im Laufe der Zeit nicht mehr zur Wasserversorgung der Stadt benötigt wurde, verkam das Haus leider zunehmend zu einem Ort der illegalen Müllentsorgung.

Als das Bauwerk schließlich beseitigt werden sollte, konnte es aber nicht einfach so Stein um Stein abgetragen werden, um die Backsteien für andere Vorhaben wieder verwensden zu können, es musste gesprengt werden. Der Grund war ein ganz einfacher: Für das Mauerwerk hatte man nicht schlicht und einfach Mörtel verwendet, sondern mit Wasserglas vermischt um den Putz zu verfestigen und die Mauern abzudichten.
Auf das ehemalige Brunnenhaus deuten heute keinerlei Spuren mehr hin. Weil mit dem Bauschutt des Wasserglases wegen niemand etwas anfangen konnte, ist er später in irgendeiner Grube versenkt worden. Deshalb ist das Foto für heimatverbundene Bartherein ein höchst interessantes Zeitdokument. Trotz der mangelhaften Bildqualität.
Unterhalb des Quellaustritts soll es hier einmal einen Weiher gegeben haben, Mühlensee genannt. Auch von einer Mühle beim Sundischen Berg ist zu lesen. Und tatsächlich, betrachtet man das gegenwärtige Profil der Senke zwischen dem Wanderweg zur Quelle und der "Bachmannsiedlung", lässt sich eine solche Vermutung nicht von der Hand weisen. Es ist so etwas wie eine Uferböschung auszumachen.

Doch wo bleibt eigentlich das Wasser, nachdem es aus dem Rohr in der heute aus Natursteinen eingefassten Wand geflossen ist? Es fließt in einem kleinen Bach noch etwa fünfzig Meter, um in einem Schacht zu verschwinden. Von da wird es dann wohl in die Barther Kanalisation eingeleitet.

Zusammengetragen von Dierk Ower